2 Form der Schallwand

Die meisten bisherigen Betrachtungen gingen von einem Lautsprecher mit dem Radius r aus, dessen Schallentstehungsort punktförmig in der Mitte der Lautsprechermembran ist. Diese Annahme der punktförmigen Schallquelle wird genauso erfüllt, wenn wir im weiteren ein kleines Lautsprecherchassis in einer größeren Schallwand betrachten.

2.1 Runde Schallwand und exzentrisch eingebauter Lautsprecher

Wir setzen das Beispiel aus Kap. 1.2 fort und untersuchen eine runde Schallwand mit dem Radius r = 25 cm. Den Frequenzgang zeigte Abb.1.6. Natürlich ist ein Verlauf mit so krassen Einbrüchen für einen HiFi-Lautsprecher nicht akzeptabel. Was passiert, wenn wir ein Chassis mit 3 cm Membrandurchmesser nicht in der Mitte der Schallwand anordnen, sondern zum Beispiel um 10 cm nach links versetzt? Der Rand der Schallwand ist vom Chassis jetzt nicht mehr konstant 25 cm entfernt. Der Abstand schwankt offensichtlich zwischen 15 und 35 cm.


Abb. 2.1: Frequenzgang eines Lautsprechers mit 3 cm Durchmesser auf kreisförmiger Schallwand mit r = 25 cm. Lautsprecher 10 cm außermittig, Frequenzgang auf Achse. (E)

Der Frequenzgang ist bereits wesentlich ausgeglichener. Allerdings sind weiterhin aufeinanderfolgende Maxima und Minima zu erkennen.

2.2 Rechteckige Schallwand und mittig eingebauter Lautsprecher

Kreisförmige Schallwände sind aufwändig in der Herstellung und unpraktisch beim Aufstellen. Realitätsnäher wäre zum Beispiel eine rechteckige Schallwand von 100 cm Höhe und 30 cm Breite mit dem Chassis in 85 cm Höhe.


Abb. 2.2: Lautsprecher mit 3 cm Durchmesser auf rechteckiger Schallwand 100 x 30 cm, mittig eingebaut auf 85 cm Höhe, Frequenzgang auf Achse. (E)

Gegenüber Abb. 2.1 hat sich der Frequenzgang eher verschlechtert.

2.3 Rechteckige Schallwand und außermittig eingebauter Lautsprecher

Der Vergleich von Abb. 1.6 und 2.1 zeigt, dass die nicht-mittige Platzierung des Lautsprecherchassis Vorteile haben kann. Wir verschieben es deshalb so weit auf der Schallwand nach links, bis der Frequenzgang maximal ausgewogen ist. Das ist bei einem Abstand von 5 cm zur Schallwandkante der Fall.


Abb. 2.3: Lautsprecher mit 3 cm Durchmesser auf rechteckiger Schallwand 100 x 30 cm, 5 cm vom linken Rand (rot) und mittig (grün) auf 85 cm Höhe eingebaut, Frequenzgang auf Achse. (E)

Der Frequenzgang oberhalb 350 Hz verläuft jetzt fast komplett in einem Bereich von +- 2dB. Das ist für eine praktische Anwendung ausreichend linear. Wir sehen auch, dass die rote Frequenzgangkurve unterhalb von 300 Hz nur um 1-2 dB niedriger liegt als die grüne für den mittig eingebauten Lautsprecher. Die extreme Randlage des Chassis führt also keineswegs zu einem extremen Bassverlust.

2.4 Eine breitere Schallwand - was passiert?

Ein Frequenzgang, der erst oberhalb 350 Hz nutzbar wird, ist unbefriedigend. Die Vergrößerung der Schallwand verspricht Besserung. Dazu fügen wir links an der Schallwand eine 30 cm breite Erweiterung an.


Abb. 2.4: Lautsprecher mit 3 cm Durchmesser auf rechteckiger Schallwand 100 x 30 / 60 cm, 35 cm vom linken Rand auf 85 cm Höhe eingebaut, Frequenzgang auf Achse. (E)

Die grüne Kurve ist die gleiche wie die rote Kurve in Abb. 2.3, die rote Kurve gilt für die Schallwand links in Abb. 2.4. Deutlich zu sehen ist der Schalldruckgewinn unterhalb 700 Hz von bis zu 4 dB. Allerdings hat sich mit der Verbreiterung der Schallwand die relative Platzierung des Chassis auf der Schallwand geändert. Konsequenz: Die Linearität wurde schlechter.

Macht es Sinn, auch an der rechten Seite der ursprünglichen Schallwand eine Verbreiterung von 30 cm anzubringen?


Abb. 2.5: Lautsprecher mit 3 cm Durchmesser auf rechteckiger Schallwand 100 x 30 / 60 / 90 cm, 35 cm vom linken Rand auf 85 cm Höhe eingebaut, Frequenzgang auf Achse. (E)

Grün und lila sind die Frequenzgänge aus Abb. 2.4 dargestellt. Die rote Kurve gilt für die Schallwand links in Abb. 2.5. Unterhalb von 300 Hz wird nochmals Schalldruck gewonnen - wenn auch nicht mehr in gleichem Maß wie bei der ersten Verbreiterung. Dafür ist der Frequenzgang wieder etwas ausgewogener - von einem schmalen Einbruch um 1700 Hz einmal abgesehen. Der Preis für diesen Gewinn ist eine Schallwand von 100 x 90 cm, die in dieser Form kaum in einem Wohnraum akzeptiert wird.

2.5 Wie wirkt sich eine höhere Schallwand aus?

Was passiert, wenn Schallwandfläche nicht in der Breite, sondern in der Höhe angefügt wird? Dafür verlängern wir die Schallwand aus Abb. 2.3 auf 1,7 m Länge nach oben. Das Chassis ist dann exakt auf halber Höhe. Die Simulation (rot) zeigt im Vergleich zur 1 m hohen Schallwand (grün) unterhalb 200 Hz einen Gewinn von 2 dB. Deutlich wird aber auch, dass eine neue Ausrichtung des Chassis auf der Schallwand erforderlich ist.


Abb. 2.6: Lautsprecher mit 3 cm Durchmesser auf rechteckiger Schallwand 100 / 170 x 30 cm, 5 cm vom linken Rand auf 85 cm Höhe eingebaut, Frequenzgang auf Achse. (E)

2.6 Und jetzt mit dem Chassis nach oben ...

Der Frequenzgang wird ebener, wenn man das Chassis zur seitlichen Schallwandkante rückt. Hilft es auch, das Chassis mittig nach oben zu schieben? Zum Beispiel 5 cm unter die Oberkante:


Abb. 2.7: Lautsprecher mit 3 cm Durchmesser auf rechteckiger Schallwand 100 x 30 cm, 5 cm unter Oberkante mittig eingebaut, Frequenzgang auf Achse. (E)

Die grüne Linie entspricht Abb. 2.2. Die rote Linie zeigt in der Tat eine Verbesserung - aber mit etwas mehr Verlust an Tiefgang als bei der seitlichen Verschiebung. Dafür bleibt das Chassis mittig auf der Schallwand.

2.7 Was wirkt wo?

Im folgenden Beispiel wurde der Lautsprecher immer mittig auf der Schallwand von 30 cm (rot), 60 cm (lila) und 90 cm (grün) Breite in 85 cm Höhe angeordnet. Der Einbruch um 2000 Hz ist übrigens auf die mittige Lage des Lautsprechers im Zusammenhang mit dem Abstand zum oberen Rand zurückzuführen. Vergleiche auch Abb. 2.7. Im Vergleich zu Abb. 2.5 erkennt man:


Abb. 2.8: Lautsprecher mit 3 cm Durchmesser auf rechteckiger Schallwand 100 x 30 / 60 / 90 cm, jeweils mittig auf 85 cm Höhe eingebaut, Frequenzgang auf Achse. (E)