3 Richtcharakteristik

Welche Auswirkungen hat eigentlich eine breitere Schallwand oder die nicht-mittige Platzierung des Chassis auf die gesamte Abstrahlung bzw. auf den Frequenzgang außerhalb der 0°-Achse? Das lässt sich mit einem Polardiagramm (wie in Kap. 1.3 bereits verwendet) viel anschaulicher zeigen als mit Frequenzgangkurven. Die folgenden Polardiagramme wurden mit LEAP simuliert.

3.1 Außermittiger Einbau und Rundstrahlverhalten

Wir starten mit einem Vergleich der 30 cm breiten Schallwand aus Kap. 2.2 und 2.3. Zuerst das mittig eingesetzte Chassis:

Abb. 3.1: Polardiagramm nach vorn, Lautsprecher mit 3 cm Durchmesser auf rechteckiger Schallwand 100 x 30 cm, mittig auf 85 cm Höhe eingebaut.

Bis 1,3 kHz laufen die Kurven ideal "dipolig". Bei höheren Frequenzen kommt es zu seitlichen Schwankungen und Ausbuchtungen, weil die Schallwand für diese Frequenzen und dieses Chassis eigentlich zu breit ist (b=10a). Die Dipol-8 ist aber völlig symmetrisch. Ganz anders beim seitlich versetzten Chassis:

Abb. 3.2: Polardiagramm nach vorn, Lautsprecher mit 3 cm Durchmesser auf rechteckiger Schallwand 100 x 30 cm, 5 cm vom linken Rand auf 85 cm Höhe eingebaut.

Das Verhalten außerhalb der Achse wird zunehmend unregelmäßiger. Der kurze Abstand des Chassis zur Schallwandkante wäre in diesem Diagramm nach rechts. Im Einzelnen:

Über die "kurze Seite" bleibt das Verhalten insgesamt harmonischer als über die "lange Seite" (links). Es empfiehlt sich daher, die Schallwände mit den "kurzen Seiten" nach innen aufzustellen.
Auf der "langen Seite" kommt es sowohl zu Überhöhungen als auch zu Einbrüchen des Schalldrucks. Die Dipol-8 ist hier ziemlich verzerrt.
Zur "langen Seite" ist der Schalldruck durchgehend höher als zur "kurzen". Die Dipol-8 ist also auch schief.
Auch hier nimmt die Welligkeit im Polardiagramm mit steigender Frequenz zu.

Mancher bezweifelt, dass der Schalldruckverlauf außerhalb der Hörachse einen hörbaren Einfluss hat. Der Blick auf den Bereich von -30° bis -50° in Abb. 3.2 sollte ihn eines Besseren belehren. In diesem Winkelbereich findet gern die erste Seitenwandreflexion statt. Hier ändert sich zwischen 1,28 und 2,56 kHz der Schalldruck um bis zu 14 dB! Das ist so, als würden an der Position dieser Reflexion mehrere Lautsprecher zusätzlich in diesem Frequenzbereich ein- bzw. ausgeschaltet.

Zugegeben - Abb. 3.2 zeigt hier (mit Absicht) den maximal schlimmsten Fall, aber man sollte auch das Rundstrahlverhalten immer bedenken.

Interessant ist auch der Vergleich der 30 cm breiten Schallwand aus Abb. 3.1 mit der 60 cm breiten Wand:

Abb. 3.3: Polardiagramm nach vorn, Lautsprecher mit 3 cm Durchmesser auf rechteckiger Schallwand 100 x 60 cm, mittig auf 85 cm Höhe eingebaut.

Die Dipol-8 ist zur Seite noch weiter "aufgeblasen". Die Welligkeit setzt jetzt bereits bei 1,28 kHz ein. Diese Frequenz ist in Abb. 3.1 noch glatt.

Man beachte, dass diese Simulationen mit einem Chassis durchgeführt wurden, das sehr klein ist im Vergleich zur Schallwand. Die gezeigten Effekte verringern sich etwas, wenn das Chassis im Verhältnis zur Schallwand größer wird. Darüber wird in Kap. 4 gesprochen.